„Der Teufel muß geschlafen oder Krach mit seiner Frau gehabt haben, sonst wären wir nie so leicht zurückgekommen.“
Ausspruch eines Eskimo beim Rückmarsch vom Nordpol zum Basislager in Kap Columbia
Expedition von Robert Peary 1909
Die weißen Flecken auf der Landkarte wurden in den 20er Jahren immer kleiner. So war es nicht verwunderlich, daß man den Nord- und Südpol als nächstes in Angriff nahm. Einer der ehrgeizigsten und zähesten Erforscher war der Norweger Roald Amundson. Zwar gelang es bis 1911 beide Pole zu Fuß zu erreichen aber trotzdem war der Gedanke diese aus der Luft zu erreichen immer noch geblieben. Im Jahre 1925 traf Amundson, der Captain Scott am Südpol um ein paar Wochen zuvorgekommen war, daher die Entscheidung diesen Wunschgedanken in die Tat umzusetzen. Mit Hilfe von Spenden und von dem Amerikaner J. W. Ellsworth geschenkten 85.000 Dollar, wurde Amundson in die Lage versetzt, die Expedition in Angriff zu nehmen. Als geeignete Flugzeuge fiel seine Entscheidung auf zwei Dornier Wal, die eigens für ihn in Italien von der CMASA in Pisa gefertigt wurden. Außerdem wurden die zwei Maschinen mit jeweils zwei 360 PS starken Rolls-Royce Motoren und allem Zubehör für die dreiköpfige Besatzung versehen. Die Flugzeuge mit der Bezeichnung N-24 und N-25 wurden bei Ny Aalesund auf Spitzbergen noch einmal gründlich geprüft und starteten schließlich am 21. Mai 1925 um 17:10 Uhr.
Die N-25 wurde von Korvettenkapitän Rijser-Larsen geflogen, Amundson war Leiter und Navigator und der Deutsche Feucht wurde als Mechaniker mitgenommen. An Bord der N-24 waren Korvettenkapitän Dietrichson, der Mechaniker Omdal und Lincoln Ellsworth, der Sohn von Amundsons Gönner, der als Beobachter mitflog. Der Start stellte sich als schwierig heraus, da sie über drei Tonnen zugeladen hatten und somit mit fast 6,5 Tonnen abhoben. Anfangs flogen die zwei Maschinen bei klarem Himmel nebeneinander, später dann aber über einem Wolkenmeer. Durch einen ziemlich starken Seitenwind wurden sie aber vom Kurs abgetrieben und der hintere Motor von N-25 lief ständig zu heiß. Am 22. Mai um 1:15 Uhr früh überflog N-25 eine kleine offene Wasserfläche, so daß Sie sich schließlich zur Landung durchrangen.
Dietrichson mußte hierbei seine N-24 auf das Eis manövrieren, da in das Flugzeug Wasser eindrang. So wie es aussah war der Flugzeugrumpf beim Start beschädigt und leckgeschlagen worden. Bei ihrer anschließenden Messung stellten Sie fest, daß sie bei 87 Grad und 43 Minuten nördlicher Breite und 10 Grad und 20 Minuten westlicher Länge gelandet und somit 253 Kilometer vom Pol entfernt waren. Ihre Flugdauer betrug hierbei acht Stunden und die zurückgelegte Strecke waren 992 Kilometer. Die Männer von N-24 schlugen sich zu N-25 durch und zusammen schoben sie das übriggebliebene Flugzeug auf eine höhere Eisfläche um von dort einen neuen Start zu wagen. Fast drei Wochen benötigten die Männer für die Anlegung einer 500 Meter und 12 Meter breiten Startbahn und für den Transport der von der N-24 übriggebliebenen Brennstoffvorräte und Ausrüstungsgegenstände. Am 15. Juni quetschten sich die sechs Männer in die N-25 und um 10:30 Uhr gelang Rijser-Larsen der Start von der Eisfläche. Sie nahmen Kurs auf Spitzbergen und hofften dort heil anzukommen. Nach nicht einmal acht Stunden, teilweise durch Nebelfelder, sahen sie am Horizont Berge auftauchen. Der Kurs wurde korrigiert und sie flogen auf das Nordkap der spitzbergischen Insel Nordaustlandet zu.
Bevor sie aber die Küste erreichten, hatte sich ein Querruder der N-25 verklemmt und sie mußten notgedrungen notwassern. Durch die Zuhilfenahme der Motoren als Steuerung gelang es ihnen aber eine geschützte Bucht anzusteuern, um dort die notwendigen Reparaturen vorzunehmen. Danach gelang es ihnen die Maschine zu einem zuvor entdeckten Schiff, die Sjoli, zu bringen, die das Flugzeug nach Süden schleppte. Am 17. Juni trafen Amundson und seine Besatzung in Kongsfjord vor Ny Aalesund ein. Amundson gab sich aber durch diese Fehlschlag nicht geschlagen, sondern versuchte es fast ein Jahr später noch einmal, diesmal mit einem Luftschiff. Wieder einmal erhielt er die finanzielle Unterstützung durch Ellsworth und somit konnte Rijser-Larsen nach Italien fahren um dort über die Verwendung eines halbstarren Luftschiffes, gebaut von Umberto Nobile, zu verhandeln. Durch Ergänzungen des Kaufvertrages, von Seiten der italienischen Regierung, war Amundson gezwungen worden, wenigstens fünf italienische Besatzungsmitglieder unter dem Kommando von Nobile auf seine Expedition mitzunehmen. An der Kings Bay auf Spitzbergen wurde eigens für das Luftschiff eine Stützpunkt errichtet. Am 07. Mai 1926 traf die von Frau Rijser-Larsen getaufte „Norge“, nach einer Strecke von 18.000 km und einer Flugdauer von 103 Stunden auf Spitzbergen ein. Mitglieder der zwölfköpfigen Besatzung waren wieder Lincoln Ellsworth und Rijser-Larsen, seine früheren Begleiter.
Die Norge war ein gut konstruiertes Luftschiff von 80 Meter Länge und einem Tragvolumen von 19.200 Kubikmeter; sie wurde durch drei Maybach Motoren von je 260 PS angetrieben. Zuvor war aber der Amerikaner Korvettenkapitän Richard E. Byrd mit seiner dreimotorigen Fokker F VII Josephine Ford, mit der er hoffte den Nordpol als Erster zu überfliegen, in der Kings Bay bzw. dem zugefrorenen Kongsfjord, eingetroffen. Byrd wollte auf Kufen statt auf Schwimmern oder Räder starten und hatte eine Menge Schwierigkeiten. Amundson, bat daraufhin Bernt Balchen, Byrd beim Bau der Flugzeugkufen zu helfen. Am 09. Mai 1926 um 0:30 Uhr startete Byrd mit seinem Co-Pilot Floyd Bennett mit 3.000 Liter Kraftstoff in den Tanks, genug für 23 Stunden Flugzeit. Um 9 Uhr 02 hatte er den Nordpol erreicht und umkreiste ihn ca. 14 Minuten und flog danach trotz Problemen mit einem der drei Motoren (Öl-Verlust) zurück zur Kings Bay. Um 16 Uhr 30 landete er wohlbehalten nach einer Flugstrecke von 2.575 Kilometer und einer Flugdauer von fast 16 Stunden auf dem Kongsfjord. Amerika konnte somit den Ruhm für sich in Anspruch nehmen, die ersten erfolgreichen Versuche zur Erreichung des Nordpols auf der Erde (Peary 1909) und in der Luft gemacht zu haben. Zwei Tage später verließ Amundson mit der Norge den Kongsfjord Richtung Nordpol. Am 12. Mai 1926 erreichte das Luftschiff dann bei völliger Windstille den Nordpol und konnte dort einige Luftbilder machen. Nach dem Abwurf der Flaggen nahm das Luftschiff Kurs auf Point Barrow im Norden von Alaska, da zu dieser Expedition auch eine Überquerung der arktischen Eisdecke gehörte. Beim Überflug hatte die „Norge“ mit der Kälte zu kämpfen, so daß sich zahlreiche Eisablagerungen am Rumpf des Luftschiffes bildeten. Die Norge war daher gezwungen knapp über der Eisdecke zu fliegen. Aber das half nur bedingt, so daß man nach dem Ablassen des Gases, nach der Landung immer noch fast eine Tonne Eis an der Hülle vorfand.
Am 14. Mai 1926 um 3:30 Uhr morgens passierte das Luftschiff Cape Prince of Wales im Westen von Alaska, und um 8:00 Uhr landete es bei Teller, rund 100 km nordwestlich von Nome in Westalaska. Zum ersten Mal war die arktische Eiskappe überquert worden: 5.464 km (oder 4.396 km Luftlinie) waren in 68 Stunden und 30 Minuten zurückgelegt worden. Zwei Jahre später wurden die Erfolge der Erforschung des Nordpols durch das Schicksal der „Italia“ und der Retter, die ihr zu Hilfe eilten, getrübt. Die „Italia“ war ein halbstarres Luftschiff mit einer Länge von 104 Meter und einem Fassungsvermögen von 15.900 Kubikmeter Gas. Das Luftschiff wurde mit ihrer 16 Mann starken Besatzung, unter dem Kommando von General Nobile, mittels der drei 240 PS Motoren, mit einer Geschwindigkeit von 100 km/h, vorangetrieben. Die Expedition wurde von der italienischen Regierung unter Beteiligung der Stadt Mailand finanziell unterstützt und sollte nach dem sogenannten Crockerland suchen bzw. das Leninland erkunden sowie am Nordpol landen um ozeanographische und magnetische Experimente durchzuführen. Am 15. April startete die Italia von Mailand und traf am 06. Mai bei Ny Aalesund auf Spitzbergen ein. Nach einem Fehlstart am 11. Mai, flog das Luftschiff am 15. Mai in Richtung Sewernaja Semlja mußte aber wegen starkem Gegenwind am 18. Mai nach einer Fahrt von 69 Stunden umkehren. Den Nordpol nahmen sie am 23. Mai in Angriff und erreichte diesen nach 20 Stunden Flugzeit. Die beabsichtigte Landung erwies sich aber als nicht möglich und so kehrte sie nach einer zwei Stunden dauernden Umrundung des Poles nach Spitzbergen zurück. Ein Funkspruch am 23. Mai um 06:00 Uhr meldete, daß sie wegen Eisablagerungen und Nebel in beträchtliche Schwierigkeiten geriet. Um 10:00 Uhr meldete das Luftschiff, daß es gegen heftigen Westwind anzukämpfen habe.
Erst am 09. Juni, nachdem schon die Suchtrupps weite Gebiete abgesucht hatten, wurde von dem Luftschiff „Citta di Milano“ am Stützpunkt ein Funkspruch von Überlebenden empfangen. Laut Meldung stürzte das Luftschiff aufgrund des Gewichtes des Eisbesatzes an der Hülle auf das Packeis und ein Teil der Überlebenden befand sich nun nicht weit von der Insel Foyn vor der Nordostküste von Spitzbergen, etwa 400 Kilometer nordöstlich von Ny Aalesund. Beim Aufprall des Luftschiffes wurde die Hauptgondel und ihre neun Insassen, darunter auch General Nobile, abgerissen bzw. der Rest des Luftschiffes stieg nach der Gewichtsabnahme sofort wieder in die Luft und wurde von einem starkem Wind davongetragen. Von den übrigen Besatzungsmitglieder fand man später keine Spur mehr. Am 20. Juni entdeckte Maddalena, der von Italien mit einem Flugboot des Typs Savoia S. 55 eingetroffen war, sechs Männer die um ein rotes Zelt herumstanden. Zwei Tage später warfen er und der Schwede Tornberg, der eine Junkers G 24 flog, frische Nahrungsmittel über der Fundstelle ab. Am 24. Juni schaffte es dann Lundborg in der Nähe zu landen und Nobile auszufliegen. Beim zweiten Versuch überschlug er sich aber mit seiner Fokker CV und mußte mit der Besatzung der Italia bis zum 06. Juli ausharren, als es Schyberg gelang mit seiner Moth zu landen und ihn zu retten. Sora und Van Dongen versuchten über den Landweg die Absturzstelle zu erreichen und wurden hierbei von schwedischen Flugzeugen unterstützt. Der Russe Tschuknowski startete mit einer Junkers von einem Eisbrecher aus, mußte aber in der Nähe von Cape Platen, etwa 60 km weiter westlich, notlanden. Der Eisbrecher konnte ihn dann am 12. Juli 1928 retten, nachdem er die restlichen Besatzungsmitglieder der Italia aufgesammelt hatte. Obwohl keiner der großen Rettungsaktionen ein Menschenleben gekostet hatte, mußte doch ein paar angesehene Männer ihr Leben lassen. Am 16. Juli war ein französischen Latham-Flugboot mit Fregattenkapitän Guilbaud am Steuer von Caudebec bei Rouen nach Bergen geflogen. Dort wurden Amundson und Leutnant Dietrichson aufgenommen um bei der Suche nach Nobile zu helfen. Am 17. Juli erreichte die Latham Tromsö und startete am 18. unter sich verschlechternden Wetterbedingungen Richtung Spitzbergen. Dort kam aber die Maschine nie an. Viele Wochen später bestätigte der Fund eines Tragflächenschwimmers und zwei Kraftstofftanks das schreckliche Schicksal dieser bedeutenden Männer.