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1799 – 1903 Motorflug – wer war der Erste?

„Um einer Sache, die nach Meinung der Öffentlichkeit ans Lächerliche grenzt, etwas mehr Ansehen zu verleihen, habe ich beschlossen, nur noch von der Kunst des Fliegens zu sprechen!“

Sir George Cayley (1773-1857)

Lange war es der Traum der Menschheit gewesen ,es den Vögeln gleich zu tun und mit eigener Kraft sich in die Lüfte zu erheben. Heute wissen wir natürlich, daß dieser Traum eine Utopie ist und aufgrund der körperlichen Eigenarten der Menschheit nie möglich sein wird. Selbst das Universalgenie Leonardo da Vinci glaubte mittels Menschenkraft einen Flugapparat in die Lüfte zu bringen. Doch all dies war ein Trugschluß. Unzählige, die versuchten einen derartigen Flugapparat zu bauen, starben weil sie nichts über den komplizierten Flügelaufbau eines Vogels Bescheid wußten. Wenn man mal reine Zahlen der Natur gegen die körperlichen Leistung eines Menschen gegenüber stellt, wird dieser Irrtum sichtbar. So schlägt z. B. das Herz eines Spatzen während des Fluges 800mal pro Minute und eine Taube atmet in der Luft 400mal pro Minute. Mit solchen Hochleistungsmaschinen kann sich natürlich der Mensch nicht messen.

Erst fast 300 Jahre später wurden die richtigen Wege zum „Fliegen“ beschritten. Einer der vielen Wegbegleiter war ohne Zweifel der englische Erfinder Sir George Cayley (1773-1857). Er bereitete die Grundlagen für die moderne Aeronautik und sollte mit seinen Forschungen den Anfang für weitere bahnbrechende Erfindungen der Luftfahrt bereiten.1799 verstand er aufgrund zahlreicher Experimente die Problematik der Wirkung von Auftriebskraft, Schub und Strömungswiderstand auf einen Tragflügel. Bereits 1804 setzte er diese Erkenntnisse in einem Drachenmodel um und im Jahre 1809 konnte er sogar einen Flugapparat präsentieren der einen kleinen Jungen trug. Leider konnte er im Laufe seiner weiteren Arbeit die Idee des Antriebes eines Flugapparates, die er bereits im Alter von 26 Jahren hatte, nicht verwirklichen, da es zu dieser Zeit noch keinen leichten und leistungsstarken Antrieb gab.

Ein Anhänger von Cayley, William Samuel Henson, versuchte ebenfalls den Gedanke des motorbetriebenen Flugzeugs umzusetzen. Bereits im Jahre 1843 ließ Henson ein Patent auf einen Dampfflugwagen eintragen. Hensons Flugapparat hatte alle Merkmale aus den Forschungen von Cayley. Der einzige Unterschied bestand in der Anzahl der Flügel. Hatte Cayley in seinen Untersuchungen und Modellen immer für den Bau von Drei- oder Mehrflüglern plädiert so war Henson von der Eindeckervariante überzeugt. In den Jahren 1844 bis 1847 baute Henson ein maßstabsgetreues Modell seiner Ariel getauften Maschine. Doch leider hatte er erhebliche Probleme einen geeigneten Motor mit einem guten Leistungs-Gewicht-Verhältnis zu finden. Zu seiner Zeit gab es noch keine Verbrennungsmotoren und somit mußte er zwangsweise auf dampfgetriebene oder Heißluft- motoren zurückgreifen. 1847 erfolgte in Chard, Somerset, der Flug von einer Rampe aus. Doch die nicht ausreichende Leistung des Motors führte zu einem kurzem Gleitflug und anschließender Bruchlandung. Henson war von diesen Versuchen entmutigt worden und nach seiner Emigration in die USA unternahm er keinen weiteren Flugversuch.

John Stringfellow, er hatte mit Henson eng zusammengearbeitet, versuchte Hensons Versuche mit der Dampfmaschine weiterzuführen. So baute er von 1846 bis 1848 ein Eindeckermodell mit einer Spannweite von 3 Meter, das von einer kleinen aber leistungsstarken Dampfmaschine angetrieben wurde. Bei seiner Konstruktion hielt er sich genau an die Theorien von Cayley und Walker, was wahrscheinlich zu den Erfolg dieses Flugmodells beitrug. Seine Flugversuche begannen Anfang 1848 in einer Fabrikhalle mit einer Länge von 25 Meter. Hierbei wurde das Modell an einem Laufwerk befestigt, das einen Draht entlanglief; von diesem Laufwerk konnte es aber selbständig abheben. Erst beim zweiten Versuch gelang ihm der erste selbständige Flug und diese Versuche wurden später noch einmal vor Zeugen erfolgreich fortgeführt. Stringfellow war mit diesen Versuchen sehr zufrieden, war sich aber im klaren, daß es in absehbarer Zeit nicht möglich sei ein Flugzeug in geplanten Größe zu bauen. Er legte daher diesen Gedanken vorläufig für ca. 20 Jahre auf Eis.

In Frankreich konstruierte 1857/58 der Marineoffizier Félix du Temple de la Croix ein Modell das mittels eines Uhrwerks starten und einen kurzen Luftsprung machen konnte. 1874 baute er eine ähnliche Maschine in natürlicher Größe. Diese Flugzeug hatte Tragflächen in V -Stellung, Höhen- und Seitenruder, ein einziehbares Fahrwerk und einen Heißluftmotor. Als Pilot soll einem Seemann aus Brest ein kleiner Sprung mit diesem Flugzeug dann gelungen sein. Aber konnte man hierbei schon von einem Flug aus eigener Kraft sprechen? Sicher nicht, da bei diesem Versuch eine Rampe zur Beschleunigung auf die Startgeschwindigkeit benötigt wurde.

Otto Lilienthal war es schließlich der erfolgreich in die Fußstapfen von Cayley trat und anhand von zahlreichen wissenschaftlichen Publikationen nachwies, daß ein lenkbarer Gleitflug mittels eines Starrflüglers möglich war. Im Laufe seiner über 2000 Gleitflügen konnte er am Ende Strecken bis zu 500 m mit einer maximalen Höhe von ca. 23 m zurücklegen. Leider wurde diese äußerst erfolgreichen Forschungen durch einen tragisch und tödlich endenden Unfall von Lilienthal am 09. August 1896 beendet. Hätte dieses Ereignis nicht den Tod für Lilienthal bedeutet, so wäre wahrscheinlich ihm der Ruhm des ersten Motorfluges zugesprochen worden. Lilienthal plante kurz vor seinem Tod den Einsatz eines Motors in einer seiner Gleitflugzeugen.

Mit der einsetzenden Entwicklung des Benzinmotors bekam man zu dieser Zeit auch endlich eine erfolgversprechende Antriebskraft für die Flugapparate. So war es eigentlich nur noch eine Frage der Zeit bis es endlich gelang den ersten gelenkten Dauerflug aus eigener Kraft zu verwirklichen. Mittlerweile ist es relativ schwer diese Frage nach dem ersten motorisierten Flug zu beantworten, da es zahlreichen Ansprüche aus verschiedenen Ländern gibt. So waren es bis vor kurzem noch die Russen, die behaupteten, daß Golubew mit einem von Alexander Fedorovich Mozhaiski konstruierten Eindecker den ersten Motorflug durchführte. Mittlerweile ist dieser Anspruch nicht mehr berechtigt, da es sich herausgestellt hat, daß es sich dabei nur um einen Hopser von einer Rampe handelte. Einige Historiker sind sogar noch heute der Meinung, daß der Franzose Clément Adler mit seinem dampfbetriebenen, fledermausartigen Ungetüm namens Eole ein Flug über 45m gelang. Da aber sein Nachfolgeapparat, die Avion III, mit zwei Propeller noch weniger zustande brachte, ist dieser Anspruch sehr umstritten.

In England hingegen arbeitete der Amerikaner Sir Hiram Stevens Maxim an einem wahrem Monstrum eines Flugapparats. 1889 begann er anhand von zahlreichen Modellen geeignete Tragflächen und Luftschrauben zu erstellen und baute einen hierzu passenden leichten Heißluftmotor. Als Verwirklichung dieser Versuche baute er schließlich ein Flugapparat auf einem gepachteten Gelände im Baldwyns Park in Kent. Seine Maschine war ein riesiger Doppeldecker mit zwei 180 PS Heißluftmaschinen die zwei Luftschrauben antrieben. Einschließlich der vier Mann starken Besatzung wog dieses Monster über 3,5 Tonnen. Beim dritten Versuch konnte es sich sogar für kurze Zeit vom Boden erheben, stieß dann aber gegen die Leitschienen und wurde beschädigt. Maxim war mit diesem Versuch zufrieden und beschloß mit weiteren Flugversuchen vorläufig zu warten.

Hier sehen die Flüge eines gewissen Karl Jatho aus Deutschland schon viel besser aus. Immerhin gelang ihm angeblich im November 1903 mit seinem 9 PS starkem Drachenapparat eine Strecke von 120m zu fliegen. Er selber gab aber später zu, daß es nicht möglich war seine Maschine zu steuern und längere Strecken, mangels Motorleistung, zu bewältigen.

Im Land der Gebrüder Wright hingegen wurden erfolgsversprechendere Hinweise gefunden. So gelang Dr. Samuel Pierpont Langley mit seinen dampfbetriebenen Tandemflugzeugen (Modelle), die er Aerodromes nannte, im Jahre 1896 eine Strecke von 1200m mit einer Geschwindigkeit von 40km/h. Aufgrund eines Angebots des amerikanischen Kriegsministerium baute er dann in den folgenden Jahren ein Flugzeug das erstmals mit einem Benzinmotor ausgestattet wurde. Am 07. Oktober 1903 sollte der Erstflug unter der Führung von Charles Manly, dem Erfinder des 52 PS Sternmotors, stattfinden. Durch unglückliche Umstände fiel der Start vom Dach eines Hausbootes auf dem Fluß Potomac ins Wasser. Bei einem weiterem Versuch am 08. Oktober fiel der Flugapparat abermals ins Wasser und Langley zog sich daraufhin verbittert und verarmt zurück.

Kurz darauf sollte ein Brüderpaar in den Sanddünen von Kitty Hawk, North Carolina, den Ruhm des Erstflugs für sich beanspruchen. Den Gebrüder Wright gelang am 17. Dezember 1903 schließlich der erste nachweislich erfolgreiche und lenkbare Motorflug. Nun ist aber auch dieser Anspruch in letzter Zeit wieder einmal ins Wanken gekommen.

Aus dem Ort Leutershausen in Deutschland soll ein Gustav Weißkopf, später nannte er sich Gustav Whitehead, nach Amerika ausgewandert sein und dort erfolgreich einen Motorflug absolviert haben. Whitehead flog am 14. August 1901, also schon bereits zwei Jahre vor den Gebrüder Wrigth, mit einem selbstgebauten Motoreindecker Nr. 21 eine Strecke von 1,4 Meilen. Mittlerweile konnte sogar dieser Flug erfolgreich von einer Interessengemeinschaft in Leutershausen (Flughistorische Forschungsgemeinschaft Gustav Weißkopf, Gustav-Weisskopf-Strasse 13, 91578 Leutershausen, Deutschland) anhand eines Original-Nachbaus bewiesen werden. Somit dürfte sich das Blatt wieder einmal zu Ungunsten der Gebrüder Wirght wenden. Jetzt stellt man sich natürlich die Frage warum wurden diesen Erkenntnisse so spät erst bekannt?. Whitehead hatte wie viele seiner Leidgenossen, das Pech , daß seine Versuche nicht in der breiten Bevölkerung bekannt wurden weil sie z. B. nicht in Publikationen erschienen oder im Fall Whitehead nicht fotografisch festgehalten wurden (bis heute gibt es kein Beweisfoto des Fluges). Die Gebrüder Wrights hatten bei Ihren erfolgreichen Versuchen z. B. mehrere Zeugen und einen Fotografen vor Ort und konnten dementsprechend natürlich mehr Kapital aus ihren Flügen schlagen. Wie Whitehead gerieten sicher noch viele andere Pioniere in Vergessenheit und werden wahrscheinlich mit viel Glück zu späteren Ehren kommen oder aber auch diese nie erhalten weil sich Ihre Spuren in Lauf der Geschichte verlieren. Somit bleibt momentan die spannende Frage nach dem „ersten erfolgreichen steuerbaren Motorflug“ vorläufig geklärt bis man wieder einmal auf einen älteren Nachweis stößt und somit die Karten neu gemischt werden müssen.

Franzose Clément Adler mit seinem dampfbetriebenen, fledermausartigen Ungetüm namens Eole

Sir George Cayley (1773-1857)

Zeichnung eines Flugapparats (hier ein schlagender Flügel) von Leonardo da Vinci

In der Ausgabe der L`Illustration vom 08. April 1843 wird diese Abbildung des Flugapparats von W. S. Henson veröffentlicht.

Flugzeug von Félix du Temple in der Patentschrift von 1857, Draufsicht, Rückansicht, Drauf- und Seitenansicht.

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