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Seefahrtarchiv oben
1927/28 Atlantikflug von Ost nach West

„Als wir hineinflogen ins amerikanische Land, als man uns in New York, in Washington, in Milwaukee und Chicago zujubelte, als von hohen Fahnenmasten neben dem Sternenbanner und dem irischen Grün-Weiß-Orange die deutsche Fahnen flatterten, da brachte uns der gewaltige Eindruck dieses Empfangs die beseligende Gewissheit: wir waren Werkzeuge geworden, mit denen man Brücken schlug von Nation zu Nation, von Kontinent zu Kontinent.“

Hermann Köhl 15.04.1888 – 07.10.1938

Im Jahre 1927 fanden die ersten Atlantikflüge statt. Nach mehren erfolglosen Versuchen, bei denen einige Piloten verschollen blieben, gelang dem Amerikaner Charles Lindbergh der erste Nonstopflug über den Atlantik nach Paris. Angeregt durch diese außerordentliche Flugleistung traf Hermann Köhl den Entschluss einen Flug von Ost nach West über den Atlantik in Angriff zu nehmen. Unterstützung hatte er dabei von Gotthart Sachsenberg, dem Direktor der Junkersflugzeugwerke.

Als geeigneten Flugzeugtyp wählte man die Junkers W 33 und in Dessau wurde daraufhin an der Verbesserung und Spezialausrüstung der Maschine gearbeitet. Beim Norddeutschen Lloyd, einem der zahlreichen Unterstützer des Projektes, lernte Köhl den damaligen Pressechef Ehrenfried Günther Freiherr von Hünefeld kennen. Dieser übernahm nach dem Zusammentreffen die Finanzierung des Vorhabens, unter anderem durch die Unterstützung zahlreicher Bremer Kaufleute und Unternehmer (z. B. Mäzene Friedrich Roselius, Franz Stapelfeld AG Weser, Dr. Strube-Bankier sowie die Haake-Beck-Brauerei). Man entschloss sich zum Kauf von zwei W 33, die den Namen „Bremen“ und „Europa“ (benannt nach zwei Schnelldampfern der Norddeutschen Lloyd) erhielten. Beide Maschinen erhielten weitere Treibstofftanks um den großen Flug überhaupt zu ermöglichen.

Im Juli und August 1927 führten Köhl und Loose mit der „Europa“ Langstreckenflüge (darunter ein 52stündigen Flug der den Dauerweltrekord schlug) durch, die aber infolge eines Motorschadens abgebrochen werden mussten. Am 14. August 1927 starteten die zwei W 33 von Dessau aus zum ersten Versuch einer Ozeanüberquerung. Aufgrund der schlechten Witterungsverhältnisse musste die „Bremen“ über Holland umkehren und machte eine Bruchlandung in Bremen. Die von Köhl, Lose und von Hünefeld benutzte „Bremen“ geriet über Schottland in dichten Nebel, kam aber noch bis Irland, musste dann aber doch wieder umkehren und landeten nach 22,5 Stunden wieder in Dessau. Ein zweiter Versuch im September scheiterte aus den gleichen Gründen. Nach diesen Fehlschlägen wurde das Projekt von Fachleuten stark angegriffen und man konnte von offizieller Seite mit keinerlei Unterstützung rechnen. Dennoch gelang es von Hünefeld Sponsoren aufzutreiben und so konnte er im Februar 1928 die „Bremen“ erwerben. 

Hermann Köhl übernahm die flugtechnische Leitung und ließ schon während des Winters 1927/28 seine vorgeschlagenen Umbauten durchführen. Außerdem wurden neu entwickelte Instrumente für den Blindflug in die Maschine eingebaut. Um die Distanz für eine Überquerung des Atlantiks zu verkürzen, wollte man jetzt auch den Überflug ab Irland versuchen. Die Überführung der „Bremen“ von Berlin-Tempelhof nach Dublin am 26. März 1928 geschah in aller Heimlichkeit, weil man mit einem Startverbot von seiten den Behörden rechnete. Hermann Köhl meldete offiziell einen Probeflug nach Dessau an, flog dann aber mit dem heimlich in der Maschine versteckten von Hünefeld nach Irland und landete auf dem Flugplatz Baldonnel bei Dublin. In Baldonnel wurden sie schon von einer zuvor eingetroffenen kleinen Mannschaft empfangen, die alle benötigten Geräte mitgebracht hatte. Von der einheimischen Bevölkerung wurden Köhl und von Hünefeld herzlich empfangen und erhielten entsprechende Unterstützung zur Durchführung Ihres Vorhabens.

Aus der Heimat hingegen kamen nicht gerade erfreuliche Nachrichten. So wurde z. B. bezweifelt, ob die Maschine nach der Zuladung einer Treibstoffmenge, die das Doppelte des Eigengewichts (2500 kg zu 1300 kg) betrug, überhaupt abheben konnte. Außerdem wurde Köhl aufgrund seines heimlichen Abfluges von Tempelhof von der Luft-Hansa fristlos entlassen. Nach einer 14 Tage dauernden Zwangswartezeit, wegen der aufgeweichten Startbahn, konnte man endlich den Flug durchführen. Inzwischen entschloss sich auch der dortige Flughafenkommandant Major C. James Fitzmaurice beim Flug teilzunehmen, was für die Besatzung eine sinnvolle Ergänzung erbrachte, weil nun ein zweiter Pilot und Navigator zur Verfügung stand. Aufgrund der erhaltenen Wetterberichte entschloss man sich als Starttermin den 12. April 1928 festzulegen. Da aber an diesem Tag kein Gegenwind vorherrschte, musste man noch vor dem Start 100 kg Gewicht mittels des Ablassens von Treibstoff einsparen. Um 5:38 Uhr gab dann aber Köhl den Befehl die Bremsklötze zu entfernen und brachte die Maschine der „Bremen“ auf Touren. Kurz vor dem Erreichen der Startgeschwindigkeit von 120 km/h rennt noch ein Schaf auf die Startbahn, Fitzmaurice kann aber noch die Maschine hochreißen, und nach mehrmaligen „hoch“ und „runter“ gewinnt die „Bremen“ endlich an Fahrt und steigt in die Höhe.

Mit einer Reisegeschwindigkeit von 200 km/h verlässt die „Bremen“ (gegen 7:05 Uhr) beim Leuchtturm Slyne-Head den europäischen Kontinent. Während der ersten 18 Stunden herrschte verhältnismäßig gutes Wetter obwohl sie mit einem Gegenwind zu kämpfen hatten und dadurch gezwungen waren möglichst niedrig zu fliegen. Zwar versuchten Sie mehrmals an Höhe zu gewinnen, mussten aber fast eine Stunde mit einem Orkan kämpfen der sie immer wieder auf eine tiefere Flughöhe zwang. Gegen Abend nahm zwar der Orkan ab aber dafür mussten Sie jetzt fast 7,5 Stunden nur mittels der Instrumente fliegen. Zum Glück konnte hierbei von Hünefeld mit seinem gekochten Kaffee behilflich sein, die Piloten von der Müdigkeit und dem Schlafbedürfnis zu befreien. Die Beleuchtung fiel aus und so musste immer wieder mittels der Taschenlampen das Instrumentenbrett abgeleuchtet werden. Außerdem wurde ein Ölverlust angezeigt, der sich aber später als falsch herausstellte.

Erst nach 9,5 Stunden sahen Sie verschneites Land. Nun konnten Sie stundenlang über das verschneite Bergland von Labrador fliegen (so glaubten sie). Das Wetter hingegen zeigte sich wieder von seiner schlechten Seite und es begann zu schneien und es wurde immer kälter. Aber trotzdem hielt die Besatzung stetigen Kurs nach Süden. Als dann aber das Bergland in Packeismassen überging und die Küste auftauchte brüllte Fitzmaurice plötzlich: „A boot, a boot!“. Es war der Leuchtturm auf der Insel Greenly Island. Sie umkreisen ihn mehrmals und entschlossen sich nachdem die Benzinuhren nur noch wenig Treibstoff anzeigten (in Wirklichkeit reichte es aber noch für Stunden) zu Landen. Als Landeplatz wurde ein vereister Weiher gewählt, bei dem aber nach der Landung das Eis nachgab und die Maschine nach vorn kippte. Außer dem Propeller wurden aber keine weiteren Schäden an der Maschine festgestellt. Für Ihren Flug brauchte die Besatzung der „Bremen“ insgesamt 36 Stunden (Landung am 13. April 1928 um 18 Uhr – in einigen Quellen wird 17:30 Uhr genannt – MEZ).

Greenly Island ist eine kleine, dem Festland von Labrador vorgelagerte Insel, die im April vollkommen unter Schnee und Eis liegt und zum Zeitpunkt der Landung nur 14 Einwohner aufwies. Die Nachricht der glücklichen Landung der „Bremen“ wurde am gleichen Tag noch von einer zwei Kilometer entfernten auf dem Festland befindlichen Telegrafenstation in alle Welt hinausgetragen. Die Reaktion darauf war natürlich überwältigend und so trafen zahlreiche Glückwunschtelegramme ein, vom Reichspräsidenten von Hindenburg, vom Präsidenten des deutschen Reichstages, vom amerikanischen Präsidenten, Prof. Junkers und sogar von der Luft-Hansa.

Aufgrund nicht vorhandener Schneekufen musste die „Bremen“ nach der Landung für kurze Zeit auf der Insel verweilen, bevor sie im Mai mittels eines Dampfers des Norddeutschen Lloyd nach Deutschland zurücktransportiert wurde. Im selben Jahr noch wurde sie auf der ILA in Berlin, später auf der Luftfahrtschau in Dresden, ausgestellt. Im Jahre 1929 wurde die „Bremen“ mit dem Lloyddampfer „Columbus“, nachdem kein Platz mehr im Deutschen Museum in München vorhanden war, wieder nach New York, Amerika, verschifft. Dort wird Sie ebenfalls ausgestellt und bleib bis 1936 in einem Museum in Washington DC, bis sie 1938 von Henry Ford für das „Edison – Institute Museum“ in Dearborn (bei Detroit) erworben wird. Erst im Jahre 1998 konnte die „Bremen“ von einem Verein „Wir holen die Bremen nach Bremen“ wieder zurück nach Deutschland gebracht werden. Nach ihrer Restaurierung in der Verkehrsfliegerschule der deutschen Lufthansa in Bremen wird sie bis zum Jahre 2006 in der „Bremen Halle“ auf dem dortigen Flughafen zu bewundern sein.

Die Besatzung der „Bremen“ wurde nach der Landung von einer Maschine abgeholt, mit der einige Tage zuvor der amerikanische Flieger Floyd Bennet trotz Fieber aufgestiegen war, um Hilfe zu bringen. Doch in Quebec musste er wegen einer tückischen Grippe ins Krankenhaus, an der er kurze Zeit später verstarb. Für Köhl, von Hünefeld und Fitzmaurice war es daher eine Ehrenpflicht an der Beerdigung Ihres Flieger-Kollegen in Washington teilzunehmen. In New York wurden Sie durch eine Konfetti Parade begrüßt und von Präsident Coolidge erhielt Hermann Köhl als erster Ausländer die höchste amerikanische Fliegerauszeichnung, den „Flying Cross“. Die Städte St. Louis und Chicago verliehen ihm die Ehrenbürgerwürde und gaben ihm die Stadtschlüssel mit nach Deutschland. Auch in Deutschland wurde Köhl in seiner Heimatstadt Neu-Ulm und in dem Geburtsort seiner Mutter, Pfaffenhofen, gewürdigt und durch die Ehrenbürgerschaft ausgezeichnet. Zum ersten Mal war es mit einer kleinen einmotorigen Maschine gelungen, unter schwierigsten Witterungsbedingungen die Luftverbindung von Osten nach Westen – zwischen Europa und Amerika – herzustellen. Dieser Non-Stop-Flug über den Atlantik wurde zum Flug der Völkerverbindung, der die Menschen der Welt als Nachbarn zusammenrücken ließ.

Junkers W 33 "Bremen" (Pixabay)

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